Kulturmanager

Was darf’s sein? Einblicke eines Kulturmanagers

Salzburg genießt als Kulturstadt internationales Renommee. Ein klassisches Konzert hier, eine zeitgenössische Theateraufführung da, eine Ausstellung dort und natürlich die berühmten Festspiele – hier ist immer etwas los. Aber habt ihr euch jemals gefragt, wer Themen und Stücke auswählt, Künstler:innen hierher lotst und Termine fixiert? Das ist der Job von Kulturmanager:innen. Für unseren Blog gewährt uns Thomas Heißbauer, einer der meistbeschäftigten Kulturmanager in Salzburg, Einblicke in seine Arbeit.

Bereits die lexikalische Beschreibung zeigt, wie umfang- und abwechslungsreich dieses Berufsfeld ist. Kulturmanager:innen organisieren kulturelle Projekte und Events. Sie müssen künstlerisches, betriebswirtschaftliches und veranstaltungsrechtliches Wissen, aber auch Marketing-Kenntnisse mitbringen. Darüber hinaus sind im Umgang mit den Kunstschaffenden selbst, ihren Agenturen sowie mit Sponsor:innen kommunikative Fähigkeiten und manchmal auch diplomatisches Geschick gefragt.

Rund 100 Veranstaltungen pro Jahr

Thomas Heißbauer kann ein Lied davon singen, besser gesagt spielen. Fast 20 Jahre lang war er als Hornist in namhaften Orchestern tätig. Erst mit dem „zweiten Bildungsweg“ wechselte er in den organisatorischen Bereich. Seit November 2018 ist der ehemalige Profimusiker Leiter der Salzburger Kulturvereinigung und damit für rund 100 Veranstaltungen pro Jahr zuständig. Neben zahlreichen klassischen Konzerten im Großen Festspielhaus ist sein Verein nämlich auch für das Salzburger Straßentheater und die „Georg Trakl Forschungs- und Gedenkstätte“ verantwortlich. „Gerade diese Vielfalt ist für mich sehr spannend und macht uns in der Salzburger Kulturlandschaft einzigartig“, betont Thomas Heißbauer.

„Einzigartig“ ist auch, dass die Salzburger Kulturvereinigung 95 Prozent ihres Budgets mit Zuschauereinnahmen decken muss. Bei jedem neuen Jahresprogramm unternimmt der Programmgestalter somit eine Gratwanderung: „Natürlich möchte man dem Publikum das geben, was es hören will. Aber wenn man immer nur Highlights aufführt, dann braucht es keinen künstlerischen Leiter – dafür reichen die YouTube-Charts. Ich will unseren Besucherinnen und Besuchern daher auch Dinge präsentieren, die sie vielleicht noch nicht kennen und ihnen sagen: Hört euch diese tolle Musik mal an …“

Ein Mix aus Klassikern und neuen Tönen

Ein durchgehendes Motto gibt es auch bei der Salzburger Kulturvereinigung nicht („das kann man bei einem Festival machen, aber nicht über ein ganzes Jahr gesehen“), sehr wohl aber Schwerpunkte. Einer dieser Schwerpunkte ist 2023 „Verfemte Musik“, also Werke, die von den Nationalsozialisten verboten wurden, weil sie von jüdischen oder andersdenkenden Komponisten stammten oder schlicht nicht in das NS-Schönheitsideal gepasst hatten. Im Rahmen der „Salzburger Kulturtage“ geben die Würth Philharmoniker am 5. Oktober unter anderem Stücke von Hanns Eisler und Erich Wolfgang Korngold zum Besten. Der passende Veranstaltungstitel: Verboten schön. Am 7. Oktober verbinden das Ballaststofforchester und Moderator Christoph Wagner-Trenkwitz Musik und Text, unter anderem mit dem bekannten Marsch „Ein Freund, ein guter Freund“ von Werner Richard Heymann.

Thomas Heißbauer ist selbst gespannt, wie dieser musikalische Akzent vom Publikum aufgenommen wird, hofft aber auf großes Interesse: „Diese Werke müssen dem ‚Vergessen‘ entrissen, diese Geschichten und Schicksale müssen erzählt werden.“ Bei „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky, Mozarts Klavierkonzert in C-Dur oder dem Violinkonzert von Johannes Brahms, die ebenfalls im Jahresprogramm stehen, dürfte die Begeisterung dagegen vorprogrammiert sein.

Der künstlerische Leiter gibt den Publikumsmagneten nicht so sehr aus kommerziellen Gründen eine Bühne, „sondern weil die Abwechslung im Programm seit jeher ein Merkmal der Salzburger Kulturvereinigung ist“. Doch auch er spürt den Kostendruck. Von Personal über Papier bis zu den Übernachtungen der nach Salzburg gelotsten Orchester und den eigenen Reisen, alles ist spürbar teurer geworden.

Charisma führt zum Erfolg, Diven sind selten

Der letztgenannte Kostenfaktor ist für einen Kulturmanager übrigens unvermeidbar, verrät Thomas Heißbauer. „Viele Künstlerinnen, Künstler und Orchester kenne ich aus meiner aktiven Zeit persönlich. Es treten aber immer wieder Agenturen mit Neuentdeckungen an mich heran. Hier reichen dann keine Videos, die muss ich mir persönlichen ansehen. Denn auch in der klassischen Musik kommt es heutzutage nicht mehr allein darauf an, wie gut jemand singen kann oder sein Instrument beherrscht. Man muss auch Ausstrahlung haben, mit dem Publikum interagieren und einen Raum ausfüllen.“

Mit einem anderen Vorurteil räumt er dagegen auf, dem Diven-Image von Künstler:innen nämlich. „Es gibt nur ganz wenige Musikerinnen und Musiker, bei denen selbst ich mir denke: Das wäre jetzt leichter gegangen. Die meisten sind ganz normale, nette Menschen, die für die Wertschätzung, die wir ihnen bei der Salzburger Kulturvereinigung entgegenbringen, sehr dankbar sind.“

Titelbild: SKV/Leopold