Straßentheater

Das Salzburger Straßentheater: Eine Institution mit Geschichte

Straßenkunst gehört in größeren Städten heutzutage zum Alltag. Es wird gemalt, gesprayt, jongliert, musiziert, gesungen und manchmal auch Theater gespielt. Die meisten Künstler:innen sind Amateure, sammeln erste Auftrittserfahrungen oder verdienen sich ein kleines Zubrot für ihr Studium. Einige wenige werden in weiterer Folge zu Stars. Noch seltener zieht es professionelle Darsteller:innen auf die Straße – eines dieser raren Beispiele thematisieren wir mit dem Salzburger Straßentheater in diesem Blogbeitrag.

Die Geschichte der Kunst an frei zugänglichen Orten reicht weit zurück. Die Gaukler, wie sie einst genannt wurden, unterhielten schon die alten Römer. Auch im Mittelalter sorgten Feuerspucker, Akrobaten, Stelzenläufer oder Magier für etwas Abwechslung im damals oft tristen Alltag. Die Schauspielform der Commedia dell’arte erlebte ihre Blütezeit zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert und machte die Improvisation salonfähig, ehe mit dem Straßentheater in den 1920er-Jahren politische Botschaften vermittelt wurden.

Die Kunst wird zu den Menschen gebracht

Heutzutage ist die „Street Art“, wie sie neudeutsch heißt, auch in Salzburg etabliert. Jede:r Einheimische kennt zum Beispiel die hier ansässigen Panflötenspieler, Portraitmaler oder die lebende Statue Ed Silver. Wegbereiter all dieser Kulturschaffenden war in gewisser Weise das 1970 gegründete Salzburger Straßentheater.

Der renommierte Regisseur und Intendant Oscar Fritz Schuh hatte unter anderem für das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg, die Wiener Staatsoper und die Salzburger Festspiele gearbeitet, ehe er sich dem Straßentheater zuwandte. Statt die Menschen zur Kunst zu bringen, sollte die Kunst zu den Menschen gebracht werden. Bei der Salzburger Kulturvereinigung fand er damit sofort Gehör – sie tritt seitdem als Veranstalter der Straßentheater-Produktionen auf.

Das Modell hat sich bewährt: Die Salzburger Kulturvereinigung konnte bis heute bei mehr als 1.500 Vorstellungen über 700.000 Zuschauer:innen begrüßen.

Kultur für alle – aber von Profis

Wie eingangs erwähnt, nimmt das Salzburger Straßentheater eine Sonderstellung in der hiesigen Straßenkunst-Szene ein. Es gibt festgelegte Aufführungsorte und -zeiten und damit kein zufälliges Kommen und Gehen. Jede Veranstaltung ist bestens organisiert. Vor allem aber: Beginnend bei Oscar Fritz Schuh waren und sind stets Profis am Werk. Unter den früheren Darsteller*innen finden sich Legenden wie Elfriede Ott, Dolores Schmidinger, Gunther Philipp und Waltraud Haas.

Verändert hat sich im Lauf der Jahre das Repertoire. Setzten Schuh und sein Nachfolger Klaus Gmeiner ausschließlich auf Klassiker von Nestroy bis Lessing, gibt es bei Georg Clementi, der das Salzburger Straßentheater seit 2016 leitet, auch Zeitgenössisches zu sehen. In diese Kategorie fällt die heurige Produktion.

Ein Stück, das an die Niere(n) geht

Der Vorarlberger Theaterautor Stefan Vögel schrieb 2018 „Die Niere“. Dieses lebenswichtige Organ soll Arnold seiner kranken Ehefrau Kathrin spenden. Er zögert jedoch – ganz im Gegensatz zum gemeinsamen Freund Götz. Das wiederum ruft dessen Frau Diana auf dem Plan. Die Heile-Welt-Fassade der beiden Ehepaare beginnt zu bröckeln, während sich die Zuschauer*innen die Frage stellen: Wo ist die Grenze zwischen rationalem Abwägen und moralischer Verpflichtung zu ziehen?

Vögels Stück, das 2021 unter dem Titel „Risiken und Nebenwirkungen“ verfilmt wurde, wirft unter dem Deckmantel einer Komödie existenzielle Themen auf. Das Lachen bleibt dem Publikum dadurch im wahrsten Sinne des Wortes in der Niere stecken.

Das Straßentheater kommt auch zu euch

Eine schöne Herausforderung für die Darsteller: Anja und Georg Clementi, die auch im echten Leben ein Ehepaar sind, spielen Kathrin und Arnold. Alex Linse übernimmt die Rolle des Götz, Karoline Troger mimt seine Frau Diana. Wann das Quartett in eurer Nähe auftritt, seht ihr hier. Der Eintritt ist wie immer beim Salzburger Straßentheater frei.