Rock

Rock goes Klassik, Klassik goes Rock: Grenzgänger:innen zwischen den Genres

Musik, wie wir sie hören und verstehen, besteht aus zwölf Tönen, die sich oktavenweise wiederholten. Aus diesem System lässt sich, ob Klassik oder Pop und Rock, nur eine begrenzte Zahl an Akkorden und Tonfolgen generieren. Allein deshalb kann man nicht immer einen klaren Trennstich zwischen den Genres ziehen. Die U-Musik greift aber auch ganz bewusst klassische Motive auf. Es gibt Pop- und Rockstars, die Ausflüge ins Klassik-Fach unternehmen. Und es gibt klassische Künstler:innen, die im Populärmusik-Bereich eine zweite Heimat gefunden haben.

Klassik goes Rock (… oder Pop … oder Rap)

In den Charts tauchen immer wieder Hits auf, die unüberhörbare Parallelen zu berühmten Klassik-Melodien aufweisen. Speziell Rap- und Hip-Hop-Künstler:innen unterlegen ihre Lieder oft mit bekannten klassischen Stücken, „sampeln“ diese also, wie es neudeutsch heißt.

Besonders gut geeignet für moderne Adaptionen ist offenbar der „Kanon in D-Dur“ von Johann Pachelbel. Manchmal wird das Lied klar hörbar verwendet, so zum Beispiel in „Die Eine“ der Gruppe „Die Firma“. Viel öfter fand die berühmte Akkordfolge Verwendung, etwa bei Fleetwood Mac (Eyes of the World), Ralph McTell (Streets of London) oder – leicht variiert – bei Oasis (Don’t Look Back in Anger). Falls ihr also selber mal einen Hit fabrizieren wollt, hier sind die Akkorde dazu: D | A | Hm | F#m | G | D | G | A.

Ein guter Tipp ist aber auch folgende Sequenz: D | D/C# | Hm | Hm/A | G | E/G# | A. Sie stammt aus Johann Sebastian Bachs „Air auf der G-Saite“, die im Evergreen „A Whiter Shade of Pale“ von Procul Harum übernommen wurde. Die Beatles ließen sich für „Because“ bei Beethovens Mondscheinsonate inspirieren. Und die Melodie zu „Can’t Help Falling in Love“ von Elvis Presley stammt eigentlich aus der Feder von Jean-Paul-Égide Martini (1784) und heißt „Plaisir d’amour“.

Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen, kommen wir daher lieber …

Rock goes Klassik (oder: Rocker go Klassik)

… zu den Rock- und Pop-Musikern im ernsten Genre. Eines der prominentesten Beispiele für solche Wandler:innen zwischen den musikalischen Welten ist Paul McCartney. Der Beatles-Mitbegründer schrieb zahlreiche Klassiker der Popmusik, aber auch das „Liverpool-Oratorium“ und einige weitere klassische Orchesterwerke. Auch Queen-Frontmann Freddie Mercury begab sich auf Abwege, als er gemeinsam mit Sopranistin Montserrat Caballé den Song und das Album „Barcelona“ aufnahm. Weniger bekannt ist, dass Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwood auch klassische Stücke komponiert und mit dem London Contemporary Orchestra zusammengearbeitet hat.

Zu den Musikerinnen und Musikern mit klassischem Background zählen Annie Lennox, die an der Royal Academy of Music Flöte studiert hat, Deep-Purple-Keyboarder Jon Lord, der eine Schauspielausbildung absolviert hat, und Kate Bush, die parallel zu ihren ersten musikalischen Gehversuchen klassischen Tanzunterricht genoss.

Klassiker go Rock (oder: Klassiker go Charts)

Andere wiederum gehen den umgekehrten Weg. Berühmte klassische Sänger:innen und Musiker:innen landen in den Charts – teilweise durch die Zusammenarbeit mit Popkünstlern. Der italienische Tenor Andrea Bocelli etwa hat sich mit Musical-Star Sarah Brightman zusammengetan und „Time to Say Goodbye“, einen europaweiten Tophit, fabriziert.

Sein Kollege Luciano Pavarotti hat unter anderem mit Sting, Bono (U2) und Country-Legende John Denver gearbeitet, aber auch die weltberühmte Cellistin Yo-Yo Ma und der US-amerikanische Bariton Josh Groban wandeln zwischen Klassik und Pop. Hierzulande war vor allem Startenor Peter Hofmann für seine Ausflüge ins Rock-Genre bekannt.

Ein Grenzgänger in Salzburg

Ein Grenzgänger ist schon bald in Salzburg zu sehen. Philipp Hochmair ist einer der renommiertesten Schauspieler im deutschsprachigen Raum, er trat unter anderem am Wiener Burgtheater, am Schauspielhaus Hamburg, am Staatstheater Hannover und am Schauspielhaus Zürich auf. Im Juli übernimmt er die Rolle des „Jedermann“ am Salzburger Domplatz, schon am 8. Juni gibt er in der Großen Universitätsaula im Rahmen der Reihe Musik:conText Ausschnitte aus Stifters „Der Hagestolz“ zum Besten.

Im Rahmen dieser Lesung begleiten ihn die OÖ Salonisten mit gediegenen Klängen von Anton Bruckner – Philipp Hochmair kann aber auch ganz anders. Als Frontmann der Dresdner Band „Die Elektrohand Gottes“ verbindet er Theatermotive mit experimenteller Musik. Am besten gleich reinhören … und am 8. Juni dabei sein!

 

Titelbild: Christian Schoppe