Unterirdisches Salzburg: Was die Mozartstadt unter Tage zu bieten hat
Viele Gäste der Salzburger Kulturvereinigung verbinden den Konzertbesuch im Großen Festspielhaus mit einer Stadtbesichtigung. Zurecht, denn die Mozartstadt hat viel zu bieten. Was aber, wenn man Festung, Dom und all die anderen Sehenswürdigkeiten bereits gesehen und die Stadtberge erwandert hat? Dann ist es höchste Zeit, in den Untergrund zu gehen. Im wörtlichen Sinn, Salzburg hat nämlich auch unter Tage viel Geschichte und viele Geschichten zu bieten. Vier davon erzählen wir in diesem Blog-Beitrag.
Geschichte 1: Tunnel statt Durchbruch
Beginnen wir gleich mit dem bekanntesten unterirdischen Bauwerk in Salzburg, dem Sigmundstor, im Volksmund auch heute noch Neutor genannt. 90 Jahre vor der Eröffnung des Tunnels (1766) hatte man ein wesentlich gewagteres Projekt im Sinn und wollte den Mönchsberg an der schmalsten Stelle durchtrennen. Erst nach elf Jahren wurde das Projekt ad acta gelegt – man hatte sich bis dahin lediglich rund 30 Meter weit in den Berg vorgearbeitet. 1764 wurde mit dem Bau des 135 Meter langen Sigmundstors begonnen.
Geschichte 2: Löschwasser für die Altstadt
Der älteste Teil des Almkanals entstand wohl schon im Frühmittelalter, der wichtigste in den Jahren 1136 bis 1143. Der Stiftsarmstollen wurde angelegt, um die Wasserreserven im Raum Leopoldskron nutzbar zu machen und in der damals großteils aus Holzbauten bestehenden Stadt bei Bränden endlich genug Löschwasser zur Verfügung zu haben. Später wurde der Kanal sukzessive bis zur Königsseeache ausgebaut, heute wird er vor allem für die Stromerzeugung genutzt. Unter anderem wird das Große Festspielhaus mit Hilfe des Almkanals klimatisiert.
Übrigens: Jedes Jahr im September findet die sogenannte „Almabkehr“ statt. Drei Wochen lang wird der Wasserstand für Reinigungs- und Wartungsarbeiten auf ein Minimum gesenkt. In dieser Zeit sind auch Führungen im Stiftsarmstollen möglich, allerdings nur mit Gummistiefeln.
Geschichte 3: Der Steinbruch als Bühne
Wo heute das Steintheater als europaweit einzigartige Freiluftbühne in den Fels ragt, war vor mehr als 400 Jahren ein Steinbruch. Erzbischof Markus Sittikus „bediente“ sich am Hellbrunner Berg, um Baumaterial für sein Schloss Hellbrunn zur Verfügung zu haben. Doch anscheinend war schon damals geplant, den Ort als Kulturstädte zu nutzen, denn dieses Vorhaben setzte man bald danach in die Tat um. 1617 wurde im Steintheater Claudio Monteverdis „L’Orfeo“ inszeniert, die erste Open-Air-Opernaufführung in Mitteleuropa. Unzählige weitere Musik-, Theater- und auch sakrale Veranstaltungen folgten. Das atemberaubende Ambiente wird bis heute genutzt.
Geschichte 4: Die Grabstätte, die keine ist
Am Rande des bekannten Petersfriedhofs, unter anderem mit den Grabstätten von Mozarts Schwester Nannerl und Komponist Michael Haydn, befinden sich die Katakomben. Die heutige Bezeichnung des in der Spätantike entstandenen Höhlensystems mit drei Kapellen ist irreführend, denn es wurde wohl nie als Grabstätte verwendet, sondern als früher christlicher Versammlungsort und später als Einsiedelei. Ein Besuch des von außen recht unscheinbar wirkenden Gewölbes lohnt sich trotzdem.
Haltet die Augen offen
Es gäbe noch viele weitere Geschichten über die Salzburger „Unterwelt“ zu erzählen. Zum Beispiel über die Domkrypta, die Grabstätte zahlreicher Salzburger Erzbischöfe ist. Oder die Columbarien unterhalb der Müllner Kirche, die Mönchsgruft, in der 1946 der letzte Müllner Benediktiner zur Ruhe gebettet wurde. Und auch während eines Klassik-Abends im Großen Festspielhaus solltet ihr die Augen offen halten. Denn die 100 Meter breite Bühne befindet sich in einer Kaverne im Mönchsberg. Beim Bau des Konzertsaals zwischen 1956 und 1960 wurden 55.000 Kubikmeter Gestein abgetragen, um Platz für das gigantische Bühnenhaus zu schaffen.
Damit diese Mühen nicht umsonst waren, solltet ihr uns bald besuchen und Salzburg von unten UND oben kennenlernen. Unser Tipp: die Konzerte der Wiener Symphoniker von 17. bis 19.01.2024. Im Zentrum der Veranstaltungen stehen Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Erich Wolfgang Korngold und Pjotr Iljitsch Tschaikowsky. Dirigiert wird das berühmte Orchester von Marie Jacquot.
Titelbild: Tourismus Salzburg GmbH/Günter Breitegger