Trakl

Auf den (Wander-)Spuren von Georg Trakl

Jeder kennt die Bilder von der Salzburger Altstadt mit der Festung, dem markanten Dom oder der sanft dahinplätschernden Salzach. Doch die Schönheit dieser Stadt endet nicht beim Offensichtlichen – wer die Augen offenhält, entdeckt viele weitere Kostbarkeiten, so zum Beispiel Gedichttafeln mit einigen der schönsten Verse von Georg Trakl. Wir unternehmen in diesem Blogbeitrag eine kleine Wanderung zu den Zeugnissen des Dichters. Zur Nachahmung wärmstens empfohlen!

Vom Waagplatz auf den Mönchsberg

Insgesamt zehn Tafeln wurden seit 1985 platziert – an Orten, die in Trakls Bildwelt vorkommen oder die mit seinem Leben in Verbindung stehen. Wir beginnen am Waagplatz, wo der vor 110 Jahren verstorbene Künstler seine ersten Lebensjahre verbrachte. Dort findet man im Hof des Geburtshauses das Gedicht „Die schöne Stadt“, in dem er beschrieb, was er von seinem Fenster aus beobachten konnte. Eine lyrische Hymne an Salzburg, wie sie nur der große Poet verfassen konnte. Weiter geht es zum Friedhof St. Peter, dem Georg Trakl das „St. Peters-Friedhof“ gewidmet hat. Es ist in der Nähe des hinteren Eingangs beim Anstieg zur Festungsbahn zu finden.

 

Ringsum ist Felseneinsamkeit.
Des Todes bleiche Blumen schauern
Auf Gräbern, die im Dunkel trauern –
Doch diese Trauer hat kein Leid.

Der Himmel lächelt still herab
In diesen traumverschlossenen Garten,
Wo stille Pilger seiner warten.
Es wacht das Kreuz auf jedem Grab.

Die Kirche ragt wie ein Gebet
Vor einem Bilde ewiger Gnaden,
Manch Licht brennt unter den Arkaden,
Das stumm für arme Seelen fleht –

Indes die Bäume blüh’n zur Nacht,
Daß sich des Todes Antlitz hülle
In ihrer Schönheit schimmernde Fülle,
Die Tote tiefer träumen macht.

 

Wir verlassen den Friedhof auf der gegenüberliegenden Seite und bewegen uns an der Franziskanerkirche vorbei Richtung Festspielhaus. Unmittelbar davor gelangen wir links über die Toscanini-Stiege zur Gedichttafel „Am Mönchsberg“. Weil wir nun ohnehin schon einige Höhenmeter hinter uns haben, nutzen wir die Gelegenheit und bewegen uns am Berg Richtung Nordwesten, vorbei an der Stadtalm und dem Museum der Moderne, und genießen einige einzigartige Ausblicke auf die Stadt.

Eisenbahnbrücke und rechte Altstadt

Wir gelangen so nach Mülln, überqueren am Müllner Steg die Salzach und schwenken zunächst links Richtung Eisenbahnbrücke. Dort, wo heute ein Heizkraftwerk steht, befand sich zu Trakls Zeit ein Schlachthof. Im Gedicht „Vorstadt im Föhn“ verarbeitete er Bilder von diesem Ort. Wir wandern wieder flussaufwärts und haben dabei stets unser nächstes Ziel vor Augen. Die Christuskirche ist die größte evangelische Kirche in Salzburg, in der auch der Sohn evangelischer Eltern konfirmiert wurde. An ihrer Nordseite finden wir „Ein Winterabend“, eines von Trakls bekanntesten Werken.

Wenn der Schnee ans Fenster fällt,
Lang die Abendglocke läutet,
Vielen ist der Tisch bereitet
Und das Haus ist wohlbestellt.
Mancher auf der Wanderschaft
Kommt ans Tor auf dunklen Pfaden.
Golden blüht der Baum der Gnaden
 Aus der Erde kühlem Saft.
Wanderer tritt still herein;
Schmerz versteinerte die Schwelle.
Da erglänzt in reiner Helle
Auf dem Tische Brot und Wein.

Zurück am Müllner Steg queren wir die Schwarzstraße und gelangen in den berühmten Mirabellgarten. An der östlichen Gartenmauer finden wir das Gedicht „Musik im Mirabell“. Etwas besser versteckt ist eine weitere Tafel: Im Heckentheater entdecken wir auf einer erst 2017 enthüllten Steintafel des Gedichts „Naturtheater“. Wir befinden uns nun mitten im Stadtteil Rechte Altstadt, von den Einheimischen Andräviertel genannt.

Via Linzergasse zurück zum Waagplatz

Wir verlassen den Mirabellgarten beim Landestheater und erreichen wenig später die Linzergasse und damit die Engel-Apotheke. Im Haus daneben befand sich früher die Apotheke „Zum weißen Engel“, in der Georg Trakl ein dreijähriges Praktikum absolvierte. Seine Erinnerungen daran verarbeitete er im Gedicht „Im Dunkel“, das an der Hauswand zu lesen ist.

Entweder über die Staatsbrücke oder (autofrei) über den südlich gelegenen Mozartsteg gelangen wir zurück zum Ausgangspunkt unserer kleinen Rundtour am Waagplatz.

Ein Abstecher in den Süden

Wer bei unserer Gedichttafel-Wanderung genau mitgezählt hat, wird allerdings festgestellt haben, dass wir nur acht der zehn Gedichttafeln besichtigt haben. Das liegt daran, dass sich zwei weitere im Süden der Stadt befinden – in Hellbrunn bzw. in Anif. An der Außenseite des Oktogons von Schloss Hellbrunn beschreibt Trakl „Die drei Teiche in Hellbrunn“. Nach Anif wiederum haben den Dichter viele Spaziergänge geführt. Im gleichnamigen Gedicht, das beim Pavillon neben der Gemeindebibliothek angebracht ist, verarbeitete er diese Eindrücke.

Wer letztlich alle zehn Trakl-Gedichttafeln entdeckt und die darauf abgebildeten Verse gelesen hat, wird wohl zur gleichen Erkenntnis kommen wie wir. Mag sein, dass der berühmteste Salzburger Dichter ein schwermütiger Mensch war. Doch er hatte eine ganz große Liebe: seine Heimatstadt.